Die derzeitige Gewichtung nach dem Vertrag von Nizza
Der britische UKIP-Politiker Patrick O’Flynn betreibt eine Petition zum Austritt Großbritanniens aus der EU. Nun warnt er, dass ab 1. November mehrere Punkte des Lissabonvertrags in Kraft treten, so dass dann die Nationalstaaten kaum noch eine Möglichkeit finden sich gegen Brüssel Geltung zu verschaffen.
Danach wird Brüssel Beschlüsse mit einer einfachen Mehrheit von 55% ratifizieren können, so dass man als einzelner Staat keine Chance dagegen hat.
On 1st November EU’s new voting system comes into effect so only 55% of the vote is needed to pass laws over the UK
Der Verlust des Vetorechts wirkt sich auf 43 Gebiete des Öffentlichen Lebens aus:
Der Verlust des Vetorechts auf 43 politischen Gebieten wird ab 1. November nach den Bedingungen des Lissabonvertrags in Kraft treten. Diese Änderung kommt zu einer Zeit, als die Innenministerin ein Rückkehr zu der EU-Kontrolle über 35 politische und juristische Maßnahmen befürwortet.
The loss of vetoes in 43 areas of public policy will occur on November 1 under a provision of the Lisbon Treaty. It will come as Home Secretary Theresa May also opts back into EU control of 35 justice and policing measures.
UKIP
Man findet auf Englisch nicht nur die Aussage der UKIP, sondern auch Wikipedia-Einträge, mit Verweis auf den Lissabon-Vertrag selber (dieses 400-500-seitige Monstrum, den niemand je durchgelesen hat)
Bemerkenswerterweise gibt es auf Wikipedia keine deutschsprachige Variante diese Eintragung, nur Spanisch, Französisch, Italienisch, Ungarisch, Polnisch u. Portugiesisch:
Die diverse Abstimmungsverfahren des EU-Rats wurden in den Verträgen der EU beschrieben. Die EU-Kommission hat ihr Abstimmungsverfahren in mehreren Verträgen, die einander folgten und ablösten, geregelt. Derzeit ist das Abstimmungsverfahren des Vertrags von Nizza in Kraft. Ab 2014 wird dieser durch dem System des Lissabonvertrags abgelöst.
The procedures for voting in the Council of the European Union are described in the treaties of the European Union. The Council of the European Union (or simply Council) has had its voting procedure amended by subsequent treaties and currently operates on a system brought forth by the Treaty of Nice. The Treaty of Lisbon is set to replace this system from 2014.
Weiter unten werden die anfänglichen Abstimmungsregelungen vereinbart – ältere Bürger erinnern sich noch daran:
Auf manchen politischen Gebieten war die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten nötig, wogegen auf manchen Gebieten man vom Anfang an ein Mehrheitsverfahren vereinbart hatte. Alle großen Folge-Verträge brachten dahingehende Veränderungen, dass die Zustimmung aller Mitgliedstaaten auf immer mehr politischen Gebieten abgeschafft wurde.
While some policy areas require unanimity among Council members, for selected policy areas qualified majority voting has existed right from the start. All major treaties have shifted some policy areas from unanimity to qualified majority voting.
Folgende Änderungen kamen später hinzu:
Mit der Erweiterung von 1973, wurde die Zahl der Stimmen für die größten Mitgliedstaaten von 4 auf 10 erhöht
with the 1973 enlargement, when the number of votes for the largest member states was increased from 4 to 10,
Das Code-Verfahren sieht vor, dass ein größerer Mitgliedstaat ein höheres, ein anderer Mitgliedsstaat ein kleineres Stimmrecht hat.
Mit dem Vertrag von Nizza erhöhte man die Zahl der möglichen Stimmen für einen Mitgliedstaat auf 29 (Deutschland). Die Stufen wurden in Prozente ausgedrückt und ab jetzt wurde auch die Zahl der Bevölkerung berücksichtigt.
with the Treaty of Nice, when the maximum number of votes was increased to 29, thresholds became defined in terms of percentages, and a direct population-dependent condition was introduced,
Mit dem Vertrag von Lissabon wird das Konzept der Abstimmungen zugunsten der “doppelten Mehrheit” verworfen, in der man die Mehrheit der Staaten und der Gesamtzahl der Bevölkerung berücksichtigt.
Mit dem Lissabonvertrag wird das Konzept der “Doppelten Mehrheit in Kraft treten, wo nur noch die Zahl der Mitgliedstaaten relevant ist, und die Zahl der Gesamtbevölkerung, die sie vertreten.
with the Treaty of Lisbon, when the concept of votes was abandoned in favor of a “double majority” depending only on the number of states and the population represented.
Wikipedia
Man muß sich Mühe geben, irgendeinen Artikel in den deutschen Medien aufzutreiben, in dem man auch nur das Zipfel von irgendwelchen Änderungen ab dem 1. November findet.
Durch systematische Suche nach der ominösen “DOUBLE MAJORITY” auf Deutsch findet man endlich eine Wikipedia-Eintragung, die jedoch keineswegs so umfangreich, systematisch und aussagekräftig ist, sondern eher etwas chaotisches, das uns einlullen kann:
Doppelte Mehrheit
Wir erfahren darin, dass es das Stimmverfahren in der Schweiz, und ab 2014 ebenfalls in der EU ist:
Diese Form einer qualifizierten Mehrheit wird in der Schweiz angewendet und soll ab 2014 für Mehrheitsbeschlüsse im Rat der Europäischen Union gelten. Kennzeichnend ist in beiden Fällen, dass für eine Beschlussfassung sowohl eine Mehrheit der Stimmbürger als auch eine Mehrheit der Gliedstaaten der Gemeinschaft notwendig ist.
In der englischen Eintragung dagegen finden wir auch noch eine Auflistung jener Gebiete, auf die dieses Abstimmungsverfahren angewendet wird, wo also die Mitgliedstaaten die nationalstaatliche Kontrolle über ihre Politik an Brüssel offiziell abgeben, mit Verweis auf den jeweiligen Paragraph im Lissabonvertrag. Die meisten politischen Gebiete, die ab jetzt Veränderungen durch das EUdSSR-isierten Abstimmunsverfahren verändert werden können, erforderten noch bis gestern die absolute Zustimmung ALLER Mitgliedsstaaten. Überall dort, wo das Wort “Unanimity” steht, mussten alle Mitgliedsstaaten zustimmen. Ab November wird aber ausreichen, wenn die “doppelte Mehrheit” zustimmt.(d. h. 15 Mitgliedsstaaten , die zusammen eine Zahl von 260 Millionen Menschen vorweisen können.?)
Area Nice Lisbon Reference
Initiatives of the High Representative for Foreign Affairs Unanimity QMV following unanimous request 15b TEU
Rules concerning the Armaments Agency Unanimity QMV 28D§2 TEU
Freedom to establish a business Unanimity QMV 50 TFEU
Self-employment access rights Unanimity QMV 50 TFEU
Freedom, security and justice – cooperation and evaluation Unanimity QMV 70 TFEU
Border checks Unanimity QMV 77 TFEU
Asylum Unanimity QMV 78 TFEU
Immigration Unanimity QMV 79 TFEU
Crime prevention incentives Unanimity QMV 69c TFEU
Eurojust Unanimity QMV 69d TFEU
Police cooperation Unanimity QMV 69f TFEU
Europol Unanimity QMV 69g TFEU
Transport Unanimity QMV 71§2 TFEU
European Central Bank Unanimity QMV (in part) 129 TFEU, 283 TFEU
Culture Unanimity QMV 151 TFEU
Structural and Cohension Funds Unanimity QMV 161 TFEU
Organisation of the Council of the European Union Unanimity QMV 201b TFEU
European Court of Justice Unanimity QMV 245, 224a, 225a TFEU
Freedom of movement for workers Unanimity QMV 46 TFEU
Social security Unanimity QMV 48 TFEU
Criminal judicial cooperation Unanimity QMV 69a TFEU
Criminal law Unanimity QMV 69b TFEU
President of the European Council election (New item) QMV 9b§5 TEU
Foreign Affairs High Representative election (New item) QMV 9e§1 TEU
Funding the Common Foreign and Security Policy Unanimity QMV 28 TEU
Common defense policy Unanimity QMV 28e TEU
Withdrawal of a member state (new item) QMV 49a TEU
General economic interest services Unanimity QMV 16 TFEU
Diplomatic and consular protection Unanimity QMV 20 TFEU
Citizens initiative regulations Unanimity QMV 21 TFEU
Intellectual property Unanimity QMV 97a TFEU
Eurozone external representation Unanimity QMV 115c TFEU
Sport Unanimity QMV 149 TFEU
Space Unanimity QMV 172a TFEU
Energy Unanimity QMV 176a TFEU
Tourism Unanimity QMV 176b TFEU
Civil protection Unanimity QMV 176c TFEU
Administrative cooperation Unanimity QMV 176d TFEU
Emergency international aid Unanimity QMV 188i TFEU
Humanitarian aid Unanimity QMV 188j TFEU
Response to natural disasters or terrorism (new item) QMV 188R§3 TFEU
Economic and Social Committee QMV QMV 256a TFEU
Committee of the Regions Unanimity QMV 256a TFEU
Economic and Social Committee Unanimity QMV 256a TFEU
The EU budget Unanimity QMV 269 TFEU
Man überlege sich auch die Auswirkung dieser Änderungen auf die zukünftigen sozialpolitischen Ziele der Mitgliedstaaten: Wenn die Zahl der Bevölkerung relevant wird, wird ein jeder Mitgliedstaat gezwungen sein, eine Politik des demographischen Zuwachses zu betreiben, indem man egal welche Art von Migration und Einbürgerung dafür anwendet. Und das in einer Zeit der globalen Wirtschaftskrise und der wachsender Nahrungsmittel- und Rohstoffknappheit. Es wir auch eine Intensivierung der Abwanderung in Europa von Ost nach West mit sich ziehen, mit der Folge, dass die asiatischen Stämme in den immer mehr entvölkerten osteuropäischen Gebieten eindringen.
Wir bitten euch verbreitet diesen Artikel unter all euren Bekannten, mit dem Hinweis, sie sollten – sofern sie sich mit der EU-Politik auskennen – selber diesen Hinweisen nachgehen.
http://www.kybeline.com/2014/07/21/lissabonvertrag-ab-1-november-kommt-ein-neues-vetorecht-in-kraft-das-nationalstaaten-entmachtet/